| Ingeborg
Bachmann Forum |
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| Zeichenerklärung: |
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| 25. Juni 2025 | Ingeborg Bachmann schrieb lange aus männlicher Perspektive | |||||
| Der Briefwechsel zwischen Bachmann und Böll führt in eine Zeit, in der Rollenspiele für eine Frau im Literaturbetrieb überlebenswichtig waren. | ||||||
| [...] Der erste Eindruck, den man bei der Lektü;re dieses kaleidoskopischen Porträts gewinnen kann, ist ein kulturgeschichtlicher Kontrastschock. Hartwigs Buch fü;hrt einem, vielleicht ungewollt, den dramatischen gesellschaftlichen Bedeutungsverlust vor Augen, den die Literatur seit den frü;hen sechziger Jahren erlitten hat. Die österreichische Schriftstellerin Ingeborg Bachmann gab sich damals nicht nur als internationale Diva, sie war auch wirklich eine. Die öffentliche Beachtung ihrer Kunst, ihre Einnahmen, die Tatsache, dass sie von einflussreichen Re-Education-Stiftungen und prominenten Politikern umworben wurde, ihre spektakuläre Wohnung in Rom, ihre öffentlichen Auftritte, ihre Partys, Freundeskreise, Ehen und Liebschaften, ihre Reisen, ihr Leben im Ausland, ihre Drogen- und Alkoholabhängigkeit – all das sind wir heute nicht aus der Berichterstattung aus dem literarischen Leben, sondern aus derjenigen ü;ber das Leben von Prominenten gewöhnt. Sogar Bachmanns Tod hatte eine unheimliche Ähnlichkeit mit den Presseturbulenzen, Grablegungen und Gedächtniskulten anlässlich des Ablebens einer Lady Diana Spencer. Diesem unnatü;rlichen Tod und seinen Ursachen nähert sich Hartwig schon in ihrem ersten Kapitel. Zusammen mit der Regisseurin Ruth Beckermann, fü;r deren Film „Die Geträumten“ (ü;ber den Briefwechsel Bachmanns mit Paul Celan) sie als Drehbuch-Co-Autorin tätig war, besucht Hartwig die römische Klinik, in der die schwer brandverletzte Dichterin an ihren Wunden und an den Entzugserscheinungen nach Ausbleiben der zuletzt offenbar mörderischen Alkohol- und Psychopharmakadosen starb. Ina Hartwigs schönes und melancholisches Buch ist weniger als eine amtliche Ingeborg-Bachmann-Biografie. Aber es ist zugleich auch mehr Aber Hartwig beherrscht auch die Kunst der präzisen und materialreichen kulturellen Milieuschilderung, die sie beispielsweise in ihren Kapiteln ü;ber die Jahre Bachmanns im (bis 1954 sowjetisch besetzten) Wien der Nachkriegsjahre, ü;ber ihr Berliner Jahr als Stipendiatin der Ford-Stiftung und in den Passagen ü;ber ihre Stellung in der Gruppe 47 und im Kreis der SPD-nahen Intellektuellen um den Kanzlerkandidaten Willy Brandt unter Beweis stellt. Oft ausgehend von unscheinbaren Details, erhellt sie kulturgeschichtliche Hintergrü;nde dieses Lebens – und sozusagen nebenher auch der Nachkriegsgesellschaften Österreichs, Deutschlands, der USA und Italiens. |
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| Helmut Böttiger [1] | ||||||
| 20. Juni 2025 | Vom schönen und kräftezehrenden Schriftstellerleben | |||||
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Bei allem Respekt und der Sympathie, die beide einander entgegenbringen, manches bleibt nicht ironiefrei: Bölls Klagen über sein großes teures Haus prallt an der mittel- und heimatlosen Dichterin ab: „Das dumme Haus. Ich glaube, wir haben alle kein Glück mit unbeweglichem Gut“. Ihre Briefe haben privaten, aber immer auch professionellen Charakter. Viel Platz nehmen die Strategien mit Verlagen ein. Nahezu „väterlich“ berät Böll seine jüngere Freundin verlegerisch, unüberhörbar reichen die traditionellen Geschlechterverhältnisse der 1950er auch in diese Schriftstellerfreundschaft hinein: „Lassen Sie sich nie auf Termine ein … verstanden, mein liebes, liebes Kind? Verstanden? So wird der Speck geräuchert“. Wie selbstbewusst Bachmann dagegen selbst die Vertragsknoten lösen konnte, zeigt ihre Antwort an den Berater Böll: „Ein paar Tage nach einem diplomatischen Brief schickte Piper einen zweiten, in dem er auf 900 DM hinaufging; … Denn es geht ja … auch um die Position … ich komm mir jetzt nicht so „abgespeist“ vor“. Trotz unterschiedlicher Lebensentwürfe und der Unterschiedlichkeit ihres Schreibens gibt es Gemeinsamkeiten. Beide leiden am massiven Schreib- und Arbeitsdruck. Böll arbeitet wie ein Berserker, sitzt an Kurzgeschichten und Hörspielen gleichzeitig, um „irgendwie Geld zusammen zu raffen“. Bei Bachmann klingt es nicht anders: „Man hetzt mich mit dem Libretto und ich muss sofort nach Neapel und retten, was noch zu retten ist“. Und ihr Fragen „Was machen wir aus unserem Leben?“, das dem Briefwechselband den Titel gibt, wiederholt nichts Geringeres, „als dass es so nicht geht, so nicht geht“. |
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| Elke Schlinsog [2] | ||||||
| 6. Juli 2025 | Raus aus einem verlorenen Land | |||||
| Wie Ingeborg Bachmann und Heinrich Böll verreisen. | ||||||
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Auch Schriftsteller verreisen. Von Heinrich Böll könnte man sagen: Er lebt verreist. Er ist eigentlich nie zu Hause, obwohl er sich Mitte der Fünfzigerjahre in Köln ein stattliches Haus errichtet hat. Aber in dem hält er sich nicht gerne auf, denn das teure neue Haus nervt ihn "in seiner Solidität". Jedenfalls ist Ingeborg Bachmann in diesem Briefwechsel ständig damit beschäftigt, entweder für die Familie Böll Unterkünfte in Italien ausfindig zu machen oder Einladungen abzuwehren, mit den Kindern der Bölls in Irland Karten zu spielen oder sonst wo, wo die dauerverreisten Bölls gerade sind. Aber auch Ingeborg Bachmann ist ständig unterwegs. Am liebsten ist sie in Rom, wo der Sommer "heiß und traurig" ist, "und die Tage vergehen in der Traurigkeit, ohne dass man etwas zu ändern wünscht". Bachmann liebt die Sonne, ganz besonders die italienische, und das "ziellose Leben" im Süden, das sie glücklich macht "wie nichts sonst". Böll hingegen hält ein Leben ohne Regen und schlechtes Wetter nicht aus und ist deshalb in Irland am glücklichsten. Hier hat er, was er dringend braucht – "großartige Oede". [...] Aber warum wollen die beiden Stars der Nachkriegsliteratur immer nur verreisen? Die unausgesetzten Reisepläne, das schlussfolgert Ingeborg Bachmann, sind im Grunde: "Fluchtpläne". Die beiden möchten weg aus der deutschsprachigen Welt, in der sich ihre Bücher hervorragend verkaufen, mit der Folge, ständig in Herne oder Siegburg vor Oleanderkübeln aus ihren Werken lesen zu müssen. Besonders der elf Jahre ältere Böll leidet an Nachkriegsdeutschland: "Es ist ein krankes, perverses und ich denke manchmal: endgültig verlorenes Land." |
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| Iris Radisch [3] | ||||||
| BÜCHERATLAS | ||||||
| 01. Juli 2025 | „Was machen wir aus unserem Leben?“ Der Briefwechsel zwischen |
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| [...] Der Schriftwechsel ist geprägt von großer Harmonie. Konflikte entzünden sich in keinem dieser 122 Briefe, die aus den Jahren 1952 bis 1972 stammen. [...] Es handelt sich um „freundschaftliche Lektüreberichte“, wie der Germanist Hans Höller im Vorwort schreibt. Dort verweist er auch auf die Anmerkungen von Herausgeberin Renate Langer, die „eine Vorstellung geben von dem staunenswerten Reichtum verborgener Beziehungen“ in diesen Briefen. Tatsächlich taucht die Herausgeberin tief ein. Bölls Abschiedsfloskel „ich küsse Ihre Hand“ wird da zum Anlass, den Handkuss in seinem Leben zu recherchieren. Ergebnis: „Er selbst pflegte diesen Brauch nur ausnahmsweise als Zeichen höchster Verehrung.“ So geschehen bei einem Besuch in der Sowjetunion im Jahre 1965, als er sich von der Dichterin Anna Achmatowa verabschiedete. Oft geht es in den Briefen ums Wegfahrenwollen und ums Bleibenmüssen. Und um das entschiedene Bekenntnis, dass man sich nun sehr bald treffen müsse. Immer wieder lädt Böll die Briefpartnerin nach Köln ein. Im März 1953, als der Weltkrieg noch gar nicht so lange vorüber ist, schreibt er: „Wenn Sie herkommen nach Köln, werden Sie eine ruhige und schöne Stadt finden, nach deren Trümmern sich meine Kinder während eines Aufenthalts in England so sehr gesehnt haben, dass sie nach der Rückkehr nach hier, als der Zug durch die Trümmerkulisse einfuhr, ausriefen: ‚Endlich – die Trümmer!‘“ Tatsächlich besuchte Ingeborg Bachmann die Bölls am Rhein. Aber häufiger sahen sie sich andernorts, bei Treffen der Gruppe 47 oder in Rom, wo Ingeborg Bachmann eine Weile mit Max Frisch zusammenlebte. Gerade die frühen Briefe zeigen, wie sehr Heinrich Böll von der fast zehn Jahre jüngeren Kollegin fasziniert war. Aus der Schillerstraße 99 in Köln schreibt er 1954, als man noch nicht zum Du übergegangen war: „Liebe Inge, es ist mir sehr schrecklich, daran zu denken, dass ich plötzlich sterben könnte, ohne Sie noch einmal gesehen zu haben.“ Auch zeigt sich, dass er intensiv bemüht war, die Kollegin mit ihrem Werk zu seinem Hausverlag Kiepenheuer & Witsch zu locken: „Glauben Sie mir, dass ich mich sehr freuen würde, wenn Sie eines Tages auch Kiepenheuerin werden würden.“ Doch dazu kam es nicht. Eine Weile schien Ingeborg Bachmann hin- und hergerissen zu sein. Doch dann entschied sie sich für den Piper Verlag. |
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| Martin Oehlen [4] | ||||||
| 15. Juni 2025 | Die Briefe von Ingeborg Bachmann und Heinrich Böll „Ich habe es mir einfacher gedacht, ein Autor zu sein“ |
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| [...] Von Ende 1952 rührt der erste Brief des Bandes „Was machen wir aus unserem Leben?“, der nicht der erste ist, den sie sich schreiben. „Inge“ richtet ihn an „Heinrich“, den sie lange siezt und umgekehrt. Manchmal geht es durcheinander, aber nie kokett. Das Bedürfnis nach Sympathie ist sofort groß. Sie schreibt (mit Blick auf Fontanes Ribbeck): „Die Leute wollen sich eben an etwas festhalten können. Wir ja auch, aber es ist eben wenig da, nur das bisschen Freundlichkeit zwischen Köln und Wien und dem Havelland. Und das müssen wir pflegen.“ Und: „Es ist gut zu wissen, dass es Sie gibt.“ Ein Bachmann-Satz, aber verschwenderisch setzt sie ihn nicht ein. Er wiederum schreibt 1954, es sei ihm „sehr schrecklich, daran zu denken, dass ich plötzlich sterben könnte, ohne Sie noch einmal gesehen zu haben“. Er hat keine aktuelle Adresse und fragt danach. So bleibt das auch: Böll und Bachmann verlieren sich immer wieder aus den Augen, aber mit dem nächsten Brief ist die Sympathie wieder da. Keine Vorwürfe, kein Nachkarten. Dabei ist es doch nicht ohne Ironie, wenn Böll der unbehausten Autorin („senza casa“) von seinen Kindern und Immobilienplänen berichtet. „Die Diskrepanz könnte nicht größer sein“, schreibt Hans Höller im zuneigungsvollen Vorwort. Oder: Vielleicht ist es die Unterschiedlichkeit der privaten Situationen – er mit seiner verunfallten Frau im Krankenhaus in Castlebar, während sie in Harvard Henry Kissinger kennenlernt –, die den Kontakt sogar vereinfacht. 1954 ist die Phase des mit Abstand intensivsten schriftlichen Austauschs. Beide, wie gesagt, an der Schwelle: Böll wird Eigenheimbesitzer und schildert vergnügt (besorgt?) das „ganze Finanzspiel“, das ihm „sogar ein wenig Spaß macht, weil es so absurd ist“. Bachmann wird von Witsch in Köln und von Piper in München umworben – „Ich habe es mir einfacher gedacht, ein Autor zu sein. Man hat doch mit dem Schreiben genug zu tun“ – und fragt bei Böll um Rat, den er ihr äußerst kollegial gibt. [...] Der Erfahrungsaustausch mit offenem Visier ist die stärkste Seite der Korrespondenz (über Zweifel an der eigenen Arbeit schreiben sie seltener, sehr selten). Und das ist also der Ton: fast überschwänglich, was das gemeinsame Berufliche betrifft. Er erzählt auch, wie wohl er sich in Irland fühlt, sie, wie wohl sie sich in Rom fühlt. Politisch sind sie einig mit Nuancen. Ihre Bitte, die SPD im Wahlkampf zu unterstützen, weist er zunächst zurück (er könne nur entschieden gegen die CDU sein). Als er sich schließlich öffentlich für Brandt engagiert, wird sie sich ganz zurückgezogen haben. |
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| Judith von Sternburg [5] | ||||||
| 26. Juli 2025 | Heinrich Böll zum Neuentdecken Briefwechsel mit Ingeborg Bachmann |
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| [..] Interessant ist, dass Böll in den Betrachtungen von Bachmanns Leben kaum vorkommt, sie umgekehrt genauso. Das liegt vielleicht daran, dass die Beziehung über Freundschaft nie hinausging, dass beide Distanz zu halten wussten. Das macht diesen Briefwechsel übrigens so konfliktfrei, dass es keinen sexuellen Beigeschmack gibt. Aus Bachmanns Biografie und Korrespondenz ist man anderes gewohnt, ebenso aus der gelebten Kollegenschaft in der Gruppe 47. Doch "an der Balzerei um die junge Schöne" hatte sich Böll nie beteiligt, wie der Literaturwissenschafter Stephan Lohr 2019 schrieb, nachdem er die damals noch gesperrte Korrespondenz hatte einsehen können. Anspielungen in den Briefen, die nur für Eingeweihte erkennbar sind und die Vertraulichkeit bezeugen, so die Herausgeberin, gab es aber schon früh, trotz der unterschiedlichen Persönlichkeiten, die sie waren: Er, der katholische "Familienvater", und sie, die protestantische "Junggesellin", die sich fragen: "Was machen wir bloss aus unserem Leben?" Das schreibt die Bachmann im Februar 1956, und Böll wird noch nach zwei Jahren darauf anspielen, und sie wiederum: "Was machen wir bloss?!" Wenig später sind beide erfolgreiche und prominente Autoren, Böll zeitlich immer einen Schritt hinter ihr. Nie gibt es den Hauch eines Ressentiments, nichts kann das gegenseitige Vertrauen erschüttern. Beide verstanden auch Imagepflege und genossen den Promi-Status, das hat sie damals zu Ikonen gemacht, mit allen Schattenseiten und Verzerrungen, die ihr wohl weniger bewusst waren als ihm, obwohl es sie nicht nur zur Leit-, sondern auch Leidfigur machte. In seinem Nachruf 1973 spricht Böll genau das an: dass man die Bachmann "zu Literatur" gemacht habe, "zu einem Bild, einem Mythos", und dass "Ikonisierung" auch eine versteckte "schrittweise Tötung" sein könne. Meinte er damit auch sich? Bedeutete der Erfolg Selbstentfremdung? Von sich beanspruchte er, bloß kritischer, aufmerksamer Bürger zu sein, und konnte doch auch mit dem Ikone-Dasein gut leben. Bachmanns Ikonisierung, so Renate Langer, liege freilich der männliche Blick zugrunde, da hätte es Böll doch leichter gehabt. Der orchestrierte Hass, der ihm entgegenschlug, als er sich für Wolf Biermann einsetzte, als man ihm Sympathie für den Baader-Meinhof-Terror unterstellte, sei Auszeichnung für seinen Status als kritischer Linker gewesen. Bachmann dagegen wurde stets nach ihrem Aussehen und Auftreten taxiert: "Diva", "Primadonna", "First Lady" der Gruppe 47 waren gängige Beinamen und vielleicht mehr Schmeichelei, als ihr damit Respekt gezollt wurde. Zudem war sie willkommenes Objekt von Klatsch, ihre Beziehungen mit Celan oder Frisch ergeben genug Stoff. Sie hatte und zeigte "Blößen", bemerkt Böll in seinem Nachruf, und wenn man über sie sagte, sie sei "gelegentlich unter ihr Niveau gegangen", dann, so Böll, müsse man doch erst einmal Niveau haben, "um darunter oder darüber zu gehen". Selbes gilt auch für ihn, der Sturz vom Sockel muss verdient sein. Beide, so Langer, "positionierten sich (...) im Rampenlicht", anders als etwa Ilse Aichinger und Günter Eich, die sich schützten, indem sie "vom Literaturbetrieb genügend Abstand hielten". |
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| Gerhard Zeillinger [6] | ||||||
| 27./28. September 2025 | "Was machen wir aus unserem Leben?" | |||||
| Zwei Autoren, die einander wertschätzten (und dazu keinerlei erotische Anziehung nötig hatten): Der Briefwechsel von Ingeborg Bachmann und Heinrich Böll |
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| [..] Ingeborg Bachmann und Heinrich Böll verband eine enge Freundschaft - doch ihre Beziehung ging nicht über Freundschaft hinaus. Aus der Biografie Bachmanns und den Briefwechseln mit Celan und Frisch ista man anderes gewöhnt; in dem mit Heinrich Böll fehlt jede erotisch-sexuelle Ambition. Was uns der üer zwei Jahrzehnte laufende Briefwechsel vor allem zeigt, sind zwei Autoren, die einander wertschätzen. Beider Lebensverhältnisse waren unterschiedlich, doch in ihren Herausforderungen des Schreibens und Publizierens wiederum einander sehr ähnlich. Wenige Jahre, nachdem sie sich zum ersten Mal trafen, zählten sie beide zu den bekanntesten Schriftstellern der Bundesrepublik. Allerdings waren beid nun auch mit den Schattenseiten des Prominentenstatus konfrontiert, berichtet Renate Langer, die Herausgeberin der Briefe: Bachmann und Böll "waren nicht nur wegen ihrer literarischen Werke Objekte öffentlichen Interesses". Sie fühlten sich unter Druck gesetzt von den Erwartungen, die man an sie herantrug. Bachmann schreibt in der Erzählung "Das Dreißigste Jahr", wie einen die Zuschreibungen anderer zusetzen können: "Man geht, sowie man eine Zeitlang an einem Ort ist, in zu vielen Gestalten, Gerüchtgestalten um, und hat immer weniger Recht, sich auf sich selbst zu berufen." Auch Böll kannte "die Selbstentfremdung und Freiheitsberaubung durch das eigene Image", sagt Renate Langer und zitiert den Schriftsteller, der über Bachmann (und vielleicht auch sich selbst) schrieb: "Dass in der Ikonisierung einer lebenden Person eine schrittweise Tötung versteckt sein kann, müsste gerade an ihr deutlich werden." Als kritischer Intellektueller ständig in der Öffentlichkeit präsent, rebellierte auch Böll gegen diese öffentliche Rolle. "Ich will nicht Deutschlands Heinrich sein. Deutschland braucht keine Präzeptoren, deren hat es genug gehabt, es braucht kritische, aufmerksame Bürger." [...] Langers Stellenkommentar und ihr Nachwort geben, so sagt sie, "eine Vorstellung von dem staunenswerten Reichtum verborgener Beziehungen, der in diesen Breifen zu entdecken ist." Sie folgt damit dem Selbstverständnis Bachmanns: "unterirdische Querverbindungen gelten für mich immer noch". |
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| Dieter Kaltwasserr [7] | ||||||
| Information zu dieser Seite: | Zeichenerklärung: |
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| [1] | © taz, Autor: Helmut Böttiger, 25. Juni 2025 |
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| [2] | Elke Schlinsog, Deutschlandfunk Kultur - 20. Juni 2025, |
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| [3] | © Die Zeit - 06. Juli 2025, Beitrag: Iris Radisch |
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| [4] | © Bücheratlast - 01. Juli 2025, Beitrag: Martin Oehlen |
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| [5] | © Frankfurter Rundschau, Autorin: Judith von Sternburg, 15. Juni 2025 |
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| [6] | © Der Standard, Autor: Gerhard Zeillinger, 26. Juli 2025 |
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| [7] | © General-Anzeiger Bonn, Autor: Dieter Kaltwasser, 27./26. September 2025 |
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| © Ricarda Berg, erstellt: Oktober 2025, letzte Änderung: 12.11.2025 http://www.ingeborg-bachmann-forum.de - E-Mail: Ricarda Berg |
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