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17. Oktober 2003   "Schmutzige" Bachmann
 
    Man kann manchen dichterischen Hervorbringungen von Ingeborg Bachmann zweifellos reserviert begegnen: Nicht alles im Werkkatalog der unglücklichen Klagenfurterin hat jenen abgründigen Glanz bewahrt, der Legionen von Literaturwissenschafterinnen zum aufgeregten Wühlen im Gefühlsschutt des Patriarchats anhielt.
Man kann in seiner Abneigung gegen die lebenslang Leidende aber auch entschieden zu weit gehen. Aus Anlass der 30. Wiederkehr von Bachmanns Todestag zog jetzt etwa 3sat einen Monolog des unvermeidlichen Marcel Reich- Ranicki aus der Mottenkiste. Was der greise Pointenschleuderer anno 2001 über den Star mit treuherziger Miene zu berichten wusste, bereicherte das Andenken Bachmanns um die Schmach einer deutlich sexistisch getönten Herabwürdigung.
Schön oder auch nur "attraktiv" sei die Sappho eben nicht zu nennen gewesen. Flüsterte und raunte bloß bei ihren Lesungen. Ließ unentwegt ihr Handtäschchen fallen, damit sich Rudel von dienstfertigen Kavalieren an die Bergung des guten Stückes machten. Betrieb Karriereplanung auf der Ottomane: Vollzog (das mannstolle Ding!) mit Max Frisch den Beischlaf - ausgerechnet als der zur selben Zeit der Pariser Erstaufführung seines Biedermanns und die Brandstifter hätte beiwohnen sollen.
So wird der Genius von einer hysterischen Nudel am Musendienst gehindert. Frauen, schloss Reich-Ranicki verkündigend, schreiben sich einfach ihre Erlebnisse vom Leib. Literaturkritik? Ein postmortaler Frauenmord.
  (poh) [1]

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[1] © Der Standard. Wien, 17.10.2003
    © Ricarda Berg, erstellt: Januar 2004, letzte Änderung: 15.01.2024
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