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DISPLACED | ||||
Paul Celan in Wien 1947/1948 |
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14. Nov. 2001 - 24. Feb. 2002 |
Wien ist die kürzeste Station auf dem Lebensweg Paul Celans, eine bislang wenig erhellte und doch überaus wichtige. Am 17. Dezember 1947 erreicht der Dichter wie so viele andere Exilanten, Heimatlose, displaced persons aus Osteuropa zu Fuß die ehemalige Metropole des Habsburgerreiches, nachdem er wenige Wochen zuvor aus Bukarest geflohen war. Bereits im Juli 1948 bricht Celan wieder auf nach Paris. Wie bedeutend diese Station dennoch war und blieb, beleuchtet die Ausstellung im Jüdischen Museum Wien. Die Dokumentation „Displaced - Paul Celan in Wien 1947/48” setzt sich mit einem wichtigen Lebensabschnitt eines der bedeutendsten Vertreter der deutschsprachigen Literatur der Nachkriegszeit auseinander. Celans bürgerlicher Name war Paul Antschel, als Paul Celan sollte er mit seinem Gedicht „Todesfuge“ das unaussprechliche Grauen der Judenvernichtung in lyrische Worte fassen und dadurch weltberühmt werden. Die Ausstellung widmet sich seinem künstlerischen Umfeld in diesem bislang kaum erforschten Lebensabschnitt von sechs Monaten und zeigt damit auch ein vielfach verdrängtes Stück österreichischer Kulturgeschichte der unmittelbaren Nachkriegszeit. Der Wiener Aufenthalt hinterließ auch Spuren in Celans Werk: einige Gedichte entstanden in der Wiener Zeit, fast alle sind direkt oder indirekt den neuen Freunden gewidmet. In seiner „Bremer Rede“ 1958 zog Celan Resümee: „Das Erreichbare, fern genug, das zu Erreichende hieß Wien. Sie wissen, wie es dann durch die Jahre um diese Erreichbarkeit bestellt war. Erreichbar, nah und unverloren blieb inmitten der Verluste dies eine: die Sprache.“ Die Ausstellung widmet sich Paul Celan und dem Wien, das er in dieser halbjährigen, bislang kaum erforschten Lebens- und Schaffensperiode erlebte. Mit Fotos, Büchern, Bildern und bibliophilen Raritäten aus Privatbesitz ersteht das kulturelle und politische Panorama einer zerrissenen Zeit in einer Stadt, die dem heimatlosen Dichter keine dauerhafte Bleibe bieten konnte. Auch sein Umfeld zerstreute sich: Der „Plan“ musste schon 1948 Konkurs anmelden, Edgar Jené und Ingeborg Bachmann verließen Wien, die Agathon Galerie wurde 1951 geschlossen, da ihrem Betreiber die Veruntreuung des Vermögens des Vorbesitzers des Geschäftslokals am Opernring 19 vorgeworfen wurde - hierbei handelte es sich um Heinrich Hoffmann, Hitlers Leibfotograf. Den Abschluss der Ausstellung bilden einige Grafiken von Gisèle Celan-Lestrange, die zuletzt 1976 in Wien ausgestellt wurden, sowie die Auseinandersetzung zweier österreichischer Künstler mit der „Todesfuge“: die filmische Adaptierung von Adolf Opel sowie der Grafik-Zyklus von Rainer Wölzl. Kuratoren: Peter Go&szlic;ens, Marcus G. Patka |
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Jüdisches
Museum der Stadt Wien Museum Dorotheergasse: Dorotheergasse 11, A -1010 Wien • Museum Judenplatz: Judenplatz 8, A-1010 Wien Tel: +43 1 535 04 31 - eMail: info@jmw.at
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![]() Reinhard Federmann, Milo Dor, Ingeborg Bachmann und Paul Celan 1952 bei der Tagung der "Gruppe 47" in Niendorf [1] |
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Jürgen Lütz "was bitter war und dich wachhielt" Ingeborg Bachmann, Hans Weigel und Paul Celan [2] |
Ingeborg Bachmanns Verhältnis zur Wiener Nachkriegsgesellschaft
blieb ambivalent. Sie respektierte Hans Weigels Bedürfnis, lieber
ein zu bestimmten Dingen schweigender Wiener zu sein als ein heimatloser
Jude. [...] Einige Zeit später verläßt die Protagonistin der Unvollendeten Symphonie ihr Zimmer und den Gast fluchtartig, um sich Urlaub von Hans Weigel "zu erbitten". Dann aber besinnt sie sich und verfällt "in eine Art Winterschlaf", um sich vor einer Tollkühnheit mit unabsehbaren Folgen zu bewahren. Tatsächlich war Ingeborg Bachmann mit ihren Gedanken und Gefühlen nicht mehr bei Hans Weigel, was zum Ende der Beziehung führte. Mitte Mai 1948 verreiste Weigel für einige Wochen; bei seinem Abschiedsabend trafen Paul Celan und Ingeborg Bachmann wieder aufeinander. Bachmann hatte in den Monaten davor die Literatenkreise gemieden. In einem Brief an die Eltern schrieb sie vorsichtig: "Vor Stunden haben wir alle Abschied [von Hans Weigel] gehabt, gestern noch unruhige Besuche bei Dr. L., Ilse Aichinger, Edgar Jené [...], wo es sehr nett war und ich den bekannten Lyriker Paul Celan etwas ins Auge gefaßt habe." Wenige Tage später berichtete sie nach Hause: "Nein, heute hat sich noch etwas ereignet. Der surrealistische Lyriker Paul Celan, den ich bei dem Maler Jené am vorletzten Abend mit Weigel noch kennenlernte, und der sehr faszinierend ist [...]. Mein Zimmer ist momentan ein Mohnfeld, da er mich mit dieser Blumensorte zu überschütten beliebt." [3] Zu diesem Zeitpunkt hatte Celan bereits definitiv beschlossen, Wien zu verlassen. [...]Am 25. Juni 1948 feierte Ingeborg Bachmann ihren zweiundzwanzigsten Geburtstag und wurde von ihrem Geliebten reich beschenkt [...]. Das wichtigste und persönlichste Abschiedsgeschenk war ein Gedicht. Ingeborg Bachmann wird es nicht, wie einen Monat zuvor, ihren Eltern abgetippt zusenden, zu deutlich läßt es sich als Liebesgedicht lesen. Die Gedichte Paul Celans, die sich im Besitz Ingeborg Bachmanns befanden, legten die Vermutung nahe, daß es sich um das Gedicht Aus Herzen und Hirnen handeln könnte. Vier Jahre später, in Celans zweitem Gedichtband Mohn und Gedächtnis, wird ein Vers des Gedichtes Aus Herzen und Hirnen der Titel des Zyklus Halme der Nacht. |
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[...]
Blicklos schweigt nun dein Aug in mein Aug sich, wandernd heb ich dein Herz an die Lippen, hebst du mein Herz an die deinen: was wir jetzt trinken, stillt den Durst der Stunden; was wir jetzt sind, schenken die Stunden der Zeit ein. Munden wir ihr? Kein Laut und kein Licht schlüpft zwischen uns, es zu sagen. [...] |
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[1] | Das bislang einzig bekannte Foto (1952), das Ingeborg Bachmann und Paul Celan gemeinsam zeigt. Fotonachweis: Hans Müller, Hamburg - © Piper Verlag, München. | |
[2] | Jürgen
Lütz: "was bitter war und dich wachhielt". Ingeborg Bachmann,
Hans Weigel und Paul Celan. In: 'Displaced' - Paul Celan in Wien 1947/48.
Katalog zur Ausstellung, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2001, S. 109 - 118. Textauszug (S. 112 - 116) mit freundlicher Genehmigung des Autors und des Jüdischen Museums Wien. |
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[3] | Ingeborg Bachmann: Brief an die Eltern, Wien, 20.05.1948. |
© Ricarda Berg, erstellt:
November 2001, letzte Änderung:
02.06.2025
http://www.ingeborg-bachmann-forum.de - eMail: Ricarda Berg |
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